Im Folgenden einige grundsätzliche Anmerkungen und Erläuterungen zum Thema, von Friedrich Wihelm Sander. Diese sind intellektuell anspruchsvoll und somit nicht ganz einfach zu verstehen. Geben Sie sich Zeit, legen Sie Pausen ein und lassen Sie es im Unterbewusstsein wirken – Friedrichs Rat „die Person meditiere darüber“ kann man auch hier anwenden.
Hier gibt es jeweils den identischen Text sowohl als Audiodatei und zum Nachlesen.
Ethik – Position des ITT:
Evolution:
Hier eine Text-Version des vorangegangenen Audio-Vortrags:
Jetzt sollen Grundprinzipien vorgestellt werden, die helfen eine realistische Basis im Leben zu beziehen und die Problemlösungskompetenz zu vergrößern.
Der Begriff der Evolution ist so alt, wie die Geisteslehren der Menschheit. Bereits die Yogasutren handeln ihn ab und betonen die Möglichkeit des Menschen, auf die Eigenentwicklung im Unterschied zu anderen Lebewesen der Erde Einfluß zu nehmen. Den Geisteslehren der Menschheit entnehmen wir, daß die Reifung des Menschen als fortschreitender Evolutivprozeß von ihm selbst betrieben werden muß, da ein neuer Quantensprung der Höhertransformation erfolgen soll, der ausschließlich durch Freiwilligkeit geleistet werden kann.
Im Menschen hat die Natur, Gott, der Kosmos ein Wesen hervorgebracht, das sie mit allem ausgestattet hat und nun hat er die Möglichkeit und Freiheit davon mittels Selbsterkenntnis davon Gebrauch zu machen (J.P.Sartre). Macht er davon Gebrauch, entfaltet sich der Mensch zu höchster Möglichkeit; macht er nicht davon Gebrauch, weil er beispielsweise denkfaul ist, vegetiert er meist schlecht und recht dahin, oft unterhalb des Niveaues eines Tieres.
Wie sieht nun, nach der Geistestradition die spezifische Evolution des Menschen aus? Wir gründen uns, wie früher erwähnt, im Erkenntnisstreben auf die Überlieferung der Jahrtausende alten Geistestradition, weil Naturwissenschaft einen zu beschränkten Erkenntishorizont hat, der allerdings in der Moderne, zunehmend zur Bestätigung geistesmetaphysischer Überlieferung wird.
In den Geisteslehren der Menschheit finden wir die Darlegung des menschlichen Aufbaues von der Dreiheit von Körper, Seele und Geist, mit dem Hinweis, daß beim Menschen im Körperlichen und Seelischen keine eigentliche Entwicklung mehr stattfindet. Diese ist in den niederen Naturreichen bzgl. des Menschen im Prinzip abgeschlossen. Der menschliche Körper und das Seelen- vs Gefühlsprinzip stellt prinzipiell einen Status des Endzustandes dar, auf dem nunmehr weitere Evolution als geistig-metaphysische Reifung stattfinden soll. Der Mensch steht sozusagen am Beginn seines Lebens am Anfang einer, ihm selbst noch verborgenen, geistig-ethisch-sittlich-metaphysischen Transformation, lediglich als Möglichkeit. Im Menschen besteht jedoch die reale Anlage und Möglichkeit einer Bezugsaufnahme zu metaphysischen Ebenen, mit deren Hilfe er sich aus der physiko-chemischen Gesetzesbindung, seines körperlichen und seelisch-gefühlshaften Seins, lösen kann und als Wesen des Übergangs zu neuen Seinsebenen aufsteigen soll.
Die Reifung vs Evolution des Menschen besteht somit in einer geistig-transzendentalen Evolutivtransformation. Der Zenphilosoph Carlfried Graf Dürckheim spricht daher von einem „Transparent werden für die immanente Transzendenz“ als Lebensbestimmung des Menschen. Der Mensch soll lernen sich in das „Umgreifende des Umgreifenden“ hineinzustellen (Karl Jaspers). Im Sinne einer Existentiallogik wird erklärt (Immanuel Kant), daß der Evolutivprozeß des Menschen ein Progreß ad infinitum ist, d.h. menschliche Seele ist, wenn sie evolutiv von sich selbst Bewußtsein erwirbt, von Körperlichkeit unabhängig bzw unsterblich oder anders: fortdauernd bewußtseinskontinuiv.
Mit diesem Gedankengang finden wir zum Verständnis vieler Mythen, Märchen und Sagen: der Mensch erwirbt durch Geistesevolution vs Selbsterkenntnis ein sog. Lichtkleid (höherer Energiekörper), das ihm faktische Unsterblichkeit in Wahrnehmung und Bewußsein ermöglicht: Himmelfahrtssymbolik, Argonautensage vom goldenen Vlies, der Mensch als Krönung der Schöpfung, als Endpunkt materiell-psychischer Evolution, mit der Potenz zur Ewigkeitsauferstehung im ägyptischen Sagenkreis; das Kraut der Unsterblichkeit im Gilgameschepos Mesopotamiens u.a.m.

Die spezifische Reifung/ Evolution des Menschen findet, nach alter Lehre statt, indem der Energiekörper Geist, der im menschlichen Herzen schlummert, eindringt in den seelisch-psychischen Raum des Menschen und wiederum dringt eine so mit Geistkraft aufgeladene Seele in die Körperlichkeit des Menschen und führt den ganzen Menschen (auch physisch) zu einer Evolutivtransformation fortdauernder/ ewiger Bewußtseinskontinuität, also unabhängig von Körperlichkeit. Ein solcher Zustand wird im Yoga als Samadhi beschrieben, in den europäischen Geisteslehren als Erleuchtung. Ein solcher Mensch wird als Heiliger bezeichnet; das ist ein Mensch, der die in jedem Menschen vorhandenen Anlagen zur eigentlichen Entfaltung gebracht hat; er wird im europäischen Geistesraum als als Mensch des Feuers (Pymander) bezeichnet.
Frage ist nun: Was geschieht, wenn ein Mensch dieser seiner Evolutionsbestimmung wenig oder garnicht nachkommt? Wenn wir wieder auf die Geisteslehren der sog. Mysterienwege zurückgreifen, erfahren wir: der Mensch, der seiner eigentlichen Seinsbestimmung als Geistesevolution und transzendentalen Kontaktaufnahme, nicht nachkommt, muß im sog. Rad, d.h. im physisch-materiellen Evolutionszyklus bleiben, solange bis er sich selbst als höhere Evolutionspotenz erkennt und entsprechend handelt und dann aus dem Rad, d.h. aus dem materiell-physischen Evolutionszyklus heraustritt. Im materiellen Evolutionskreislauf erfährt das Wesen Druck, damit es sich bewegt und reift. Es würde sonst auf der Stelle stehen bleiben. Dieser Vorgang des Druckes nun, wird als Leid, Schmerz, Depression usw bezeichnet. Leid und Schmerz sind somit Katalysatoren zur Reifung des unbewußten, nicht um geistige Zusammenhänge wissenden Menschen. Dieser Mensch wird als >natürlicher Mensch< bezeichnet. Der Ausdruck umschreibt das zunächst unbewußte Geistesdefizit des Menschen.
Fassen wir zusammen: Im Menschen findet die körperliche und seelische Reifung ihren Abschluß. Seine Aufgabe besteht in der Initiation einer geistig-transzendentalen Reifung. Reifung kann auf zwei Weisen geschehen: einmal unbewußt durch Leiden, Druck, Schmerz, Depression als Minimalreifung; zum anderen durch Bewußtheit, Selbsterkenntnis, mit teilweiser Außerkraftsetzung von Leidensprozessen. Des Menschen Aufgabe ist eine transzendentale Evolutionstransformation zu leisten, um zu weiterer Reifung zu gelangen.
Die Disziplin der transpersonalen Tiefenpsychologie nimmt diese Gedanken auf; sie ist eine Tochter der Kulturanthropologie, die diese Gedanken tradiert. Die transpersonale Tiefenpsychologie setzt den Erkenntnisweg C.G.Jungs´s fort, der seinerseits über Sigmund Freud hinausging, welcher erstmals in der Moderne von der Existenz eines persönlichen Unbewußten ausging und durch Psychotherapiemethodik nachwieß.
C.G.Jung fand durch therapeutische Traumarbeit die Existenz eines kollektiven Unbewußten, welches über die Grenzen des persönlichen Unbewußten hinausreicht und menschheitsspezifische Archetypi offenbarte, Carlfried Graf Dürckheim konstatierte im philosophischen Bereich die Existenz eines noch umfassenderen Bewußtseins, des Überbewußten, in das Mensch und Menschheit kosmisch eingebettet sind. Dieses „übergreifende Umgreifende“ (K.Jaspers) ist der gedankliche Hintergrund der transpersonalen Tiefenpsychologie. In diesem Hintergrund wird Transzendenz und Mensch potentiell zur Einheit. Bettet sich der Mensch in diesen Hintergrund, findet er Frieden und Seinserfüllung. Die transpersonale Tiefenpsychologie will auf diesem Wege behilflich sein.
Es sei ferner auf die Sterbeforschung (Kübler Roß, Moody u.a.) verwießen, die sich der Wurzeln menschlicher Existenz im Grenzbereich von Leben und Tod widmet und kulturanthropologisches Wissen teilweise bestätigt findet (Tibetanisches Totenbuch, Ägyptisches Totenbuch vom Hinaustritt ans Licht des Tages, in wörtlicher Übersetzung). Der Hinduismus-Vedantismus wurde für die moderne Tiefenpsychologie zur unerschöpflichen Quelle von Erkenntnis. Ebenso die europäische Mystik (Meister Eckardt, Hildegart von Bingen, Jakob Böhme, Dante´s Göttliche Kömödie, die sog. Mysterienwege der Gnostik und Gegenwartsströmungen europäischer Mystik).
Die Strömungen europäisch-mystischen Philosophierens werden meist zugunsten rational-analytischen Philosophierens übersehen (Weischedel). Das akademisch anerkannte philosophische Denken geht gewöhnlich aus von Aristoteles und führt zur mathematisch-analytischen Philosophie der Moderne, Russel, Fregge, Wittgenstein, Wiener Kreis u.a.), welche in Exzessen logischen Kalküls zu keinen gesicherten Ergebnissen führte, wenn von der Herstellung wissenschaftstheoretischer Grundlagen für Naturwissenschaft und Computertechnologie abgesehen wird. „Moderne Philosophie ist nur Fußnote zu Platon“, so Bertrand Russel, der damit die Bedeutung mystischen Philosophierns und Erkenntnismöglichkeit betonen will.
Der Wissenschaftsstreit bezüglich des Evolutionsbegriffes sei kurz erwähnt und er findet ebenfalls befriedigende, ausgiebige Antwort im mystischen Kulturgut der Menschheit (Vedanta, europäische Mystik und Gegenwartsströmungen). Hier wird dargelegt, daß Reifung/ Evolution sich auf Geistig-Seelisches bezieht, welches kontinuierlich wächst. Nicht bezieht sich Evolution auf Physis als äußere Form und Leiblichkeit. Somit wird verständlich, warum „die Entwicklung der Arten“ (Darwin) bisher nurmehr als lockere Hypothese, denn als gesichertes Fakt betrachtet werden kann, angesichts der großen Lücken und nicht nachweisbaren Zwischenglieder; so können beispielsweise keine Übergänge vom Reptil zum Säugetier gefunden werden, die hinlänglich diskrete Sukzessionen verständlich werden ließen; vielmehr wird an praktisch allen Phänomenen, Strukturen und Wesen, ein nicht reduzierbarer Komplexitätsgrad festgestellt, der jedes Teil so vollendet in eine Ganzheit intergriert, daß eher von einem anfänglich vorhandenem Gesamtsystem ausgegangen werden muß, weil eine sukzessive Systembildung praktisch unvorstellbar ist; hinzu kommt, daß der Komplexitätsgrad bereits einfacher anorganischer Bildungen eine mathematisch-fakultätsstochastische Dimension bzgl. einer Realisationswahrscheinlichkeit, bezogen auf vorhandene Zeit, sich auf Milljarden Jahren beläuft und sich der, von der Naturwissenschaft angenommenen Zeit seit dem sog. Urknall, annähert bzw diese dimensional überschreitet. Damit scheidet eine sukzessive Entstehungstheorie für das Universum aus. Von der Naturwissenschaft angenommene unendliche Parallelwelten können, außer durch Fantasie und Spekulation, nichts Plausibles zur Entstehung des hochkomplexen Universums beitragen. Konsequenz: Darwins Evolutionsmodell kann somit eher als ein populäres, modernes Wissenschaftsmärchen, denn als reales Faktum betrachtet werden. Darwin selbst verwieß gegen Ende seines Lebens darauf, daß seine Theorie in vieler Hinsicht keiner kritischen Prüfung standhält. Die Kritik am Darwin´schen Evolutionsmodell ist inzwischen hinlänglich bekannt und findet befriedigende Erklärung durch die Tradition der Weisheistslehren der Geisteskulturen. Wir schließen uns somit dem tradierten Aphorismus an: „Wer denkt, der glaubt“, das besagt: die ungeheuere Komplexität von natürlichen Strukturen, legt den Schluß auf ein wirkendes Schöpfungsprinzip, gen. Gott praktisch unabweisbar nahe.
Aus tiefenpsychologischer Sicht kann gesagt werden, daß die atheistische Moderne, Naturwissenschaft zum offiziellen Glaubenssystem gemacht hat, das sie als quasi-dogmatische Wahrheit verkündet, auch, wenn sich ein Großteil ihrer Erkenntnis als Irrtum herausstellt und in den Grundfragen des Lebens nicht über ein Hypothesenstadium hinausgelangt, aus welchem keinerlei Kraft für Leben, Lebensführung und Lebenssinn entnehmbar ist. Der moderne, glaubensfreie Wissenschaftler ist aus tiefenpsychologischer Sicht deshalb seelisch leer und steht am Rande neurotischer Instabilität und Psychose. Wissenschaftliches Handeln huldigt dem Pseudokriterium sog. Wertefreiheit und eröffnet so ein Ethikvakuum, das die trügerische Perspektive absoluter Forschungsfreiheit vorgaukelt. In Wirklichkeit tut sich der Abgrund von Selbstvernichtung auf, den Freud als Todestrieb bezeichnete. Hier steht der einzelne am Scheidewege, ob er dem schwankenden Pfade wissenschaftlicher Forschung und Logik folgen will oder auch dem mystischen Wege der Offenbarung einer liebenden Transzendenz, die sich dem Menschen nähern will, um ihn zu leiten und zu behüten und ihn aus seinen Ängsten und Selbstvernichtungen heraushebt, wenn er das selbst wünscht. So mache ein jeder seine Erfahrung, auf dem einen oder anderen Wege, bis er Erleuchtung erlangt.
Polarität und Einheit:
Der nachfolgende Text entspricht dem vorangegangenen Audio-Vortrag
„Es sollen Grundlagen weiter erörtert werden, die helfen können, eine realistische Basis im Leben zu beziehen und die Problemlösungskompetenz zu vergrößern“
Nun wenden wir uns dem Begriff der Polarität zu. Er hat in der sog. Esoterik eine gewisse Popularität erlangt, weil es sich um ein relativ auffälliges Phänomen handelt, das selbst beim unbewußtesten Menschen für Aufmerksamkeit sorgt. Es ist das Gesetz von den Gegensätzen, in der europäischen Philosophie als Dialektik (Hegel) bekannt. Dieses Gesetz besagt, daß unser ganzes Leben, Welt und Kosmos aus Gegensatzpolen besteht, die sich unaufhörlich in Schwingung befinden, so daß nichts wirklich Festes existiert. Sobald sich ein Pol manifestiert hat, beginnt eine Rückpendelbewegung zum Gegenpol. So wird durch Schwingung Energie frei, die der Evolution Fortschritt ermöglicht. Dieses Schwingen zwischen den Polen zeigt sich als: Plus und Minus, hell und dunkel, männlich-weiblich, gut-böse, einatmen-ausatmen, himmelhoch jauchzend vs zu Tode betrübt usw und so fort. Seit Jahrhunderten beschäftigt sich Philosophie und Wissenschaft mit diesem Gesetz.

Was ist nun die praktische Bedeutung für Psychologie und Alltag? Die Geisteskulturen der Menschheit, vertreten durch ihre Intelligenzspitzen gen. Heilige und Weise, verkünden ethisch-moralischen Prinzipien, ohne welche der Mensch im Chaos enden würde. Was sie lehren, ist sozusagen die Quintessenz philosophischen Denkens für das praktische Leben. Im Prinzip verkünden alle Heilige und Weise so das Gleiche, unabhängig von Kultur und Epoche. „Alle Religionen sind wie farbige Packete. Sie sehen unterschiedlich aus, aber sie haben im Prinzip den gleichen Inhalt“ (C.G.Jung).
Was sagt nun die Religion angesichts der Zerrissenheit menschlichen Lebens in Gegensätze, Widersprüche und Wirrniß. Jesus sagt: „Liebet euere Feinde“; Buddha sagt: „Nimm alles mit gleichem Mut“; Konfuzius sagt: „Das Tal ist Erfüllung“ usw. Wir sehen, man wird aufgefordert, den Gegenpol zu akzeptieren, die Gegensätze zu einen, zu vereinigen. Wir werden aufgefordert Glück und Freude gleicherweise anzunehmen, wie Not und Elend. Die Frage ist, wie das zu verstehen ist.
Der natürliche Mensch, der sich nicht um geistige Begründung seines Lebens kümmert oder noch nicht kümmert und solche Gesetze nicht kennt, bezieht die Position: Freude, Glück, Vergnügen muß man erstreben und sobald man etwas davon hat, muß man es möglichst festhalten. Er nennt es Absicherung. Was passiert nun aber, auf dem Hintergrund der Dialektik vs der Polarität oder des Polaritätgesetzes? Wir erwähnten es bereits: die Gegenschwingung setzt ein. Die Sache oder was auch immer, verwandelt sich in das Gegenteil. Was schön war, wird langsam häßlich; was Vergnügen bereitete, wird zum Ekel; was Treue vesprach, verschwindet von der Bildfläche usw. Sobald ein Pol erreicht ist, beginnt er, manchmal abrupt und plötzlich zu schwinden. Wir sind enttäuscht, verzweifelt, resigniert. – Das ist verständlich, aber wir haben etwas übersehen: Es gibt nichts Stabiles, alles ist Schwingung und pendelt zwischen den Gegenpolen hin und her und so ist das Leben eine Berg- und Talfahrt.
Wir fragen: Gibt es da keinen Ausweg, keine Lösung des Problems? Die Antwort ist: ja, die gibt es. Wir hatten sie schon gegeben. Jesus sagt: „Liebet euere Feinde“. Nun, was bedeutet dieser Ausspruch? Im Feind oder allgemeiner, im Gegenpol und Gegensatz liegt Ergänzung, Transformation der Gegensätze zu einer höheren Seinsebene, womit etwas Neues entsteht und die Gegensatzspannung auflöst, überwindet. Die Philosophie spricht von: These – Antithese – Synthese; die Tiefenpsychologie bzw die Geisteslehren der Kulturen (Mythen, Märchen, Sagen, heilige Schriften) von der coniunctio oppositorum, die Vereinigung der Gegensätze. In der Vereinigung liegt Geburt zu neuem Leben, zwei Halbkreise werden zum Vollkreis, Einheit entsteht; was zerfallen ist(diaballein), wird zusammengefügt (symballein). Das Diabolische wird zum Symbolischen; das Teuflische zum Göttlichen. So verstehen wir die mythologischen Bilder der Mytheme: Isis und Osiris gebären den Horusfalken (Ägypten), Maria und Josef gebären das Christkind (Christentum), aus Gaija und Uranus gebiert sich Chronos (griechische Antike); in der Vereinigung von Frau und Mann gebiert sich das Kind usw.
Die Vereinigung der Gegensätze ist eine höhere Evolutionsaufgabe für den Menschen. Erst, wenn er diese erkennt, versteht und handelnd umsetzt und übt, wird er aus der Spannung und dem Leiden am Leben herausgelangen. Im polaren Geschehen wird Dynamis/ Energie frei für höhere Reifung des Menschen. Seine Aufgabe ist, diese Energie anzunehmen und in der coniunctio zu nutzen und so zu einer Neugeburt zu gelangen.
Man überlege, wie oft man seine Hoffnungen auf Dinge setzt und sie beginnen sich ins Gegenteil zu verkehren. Hänge ich fest an bestimmten Vorstellungen, Erwartungen, Hoffnungen und provoziere damit unbewußt, daß Umstände entstehen, die mich zu einer Änderung zwingen? Gelingt es mir, zumindest ansatzweise, eine Art Gleichmut oder Gelassenheit zu behaupten, egal was mir begegnet? „Liebet Euere Feinde, Segnet, die Euch fluchen; tut wohl denen, die Euch hassen“ (Bibel). In der coniunctio liegt Transformation, Lösung, Erlösung.
Projektion:
Das Skript des Audio-Vortrags:
Jetzt sollen Grundlagen weiter erörtert werden, die helfen können, eine realistische Basis im Leben zu beziehen und die Problemlösungskompetenz zu vergrößern.
Nun wenden wir uns einem Begriff zu, der insbesondere in den vedischen Schriften des Yoga, seit jahrtausenden ausführlich behandelt wird, durch welche die moderne Tiefenpsychologie maßgeblich zur Erweiterung ihres Horizontes gelangte und gelangt. Der philosophische Yoga ( Jnanayoga), behandelt in den Upanishaden die Relativität von Zeit und Raum und Subjekt-Objektrelation und erörtert das, in der Neuzeit, durch Albert Einstein und bereits von Imanuel Kant behandelte Phänomen.
Auch Platon behandelte bereits die Relation von Objekt und wahrnehmendem Subjekt, mit dem Hinweis auf die Unerkennbarkeit von Realität als unveränderlichem Sein ansich (s.a.Hegel). Die Tiefenpsychologie übernahm den Begriff des Numinosen, des unerkennbaren Seins ansich, im Gegensatz zur subjektiven Erscheinungsweise des Numinosen. In Kants Terminologie findet eine gesetzmäßige Herabtransformation des Numenon zum Phänomenon statt. In der subjektiven Erscheinungsweise von Welt und Leben sind Zeit und Raum spezifische Wahrnehmungskriterien der Spezies Mensch und unterliegen somit dem Eindruck einer Pseudorealität vs Pseudoobjektivität. Raum und Zeit sind somit subjektive Wahrnehmungskriterien des Menschen und keine objektiv faßbaren Entitäten. Raum und Zeit sind für sich also nicht erkennbar, faßbar, sondern immer im Zusammenhang von etwas Wahrzunehmendem. In Raum und Zeit projeziert sich das unerkennbare Absolutsein (Numenon), zum subjektiven wahrnehmbaren Sein (Phänomenon). Damit ist Wirklichkeit an sich für den Menschen nicht erkennbar. Wirklichkeit ist für den jeweils einzelnen Menschen, das, was seine Sinne ihm ´vorgaukeln´.
Sigmund Freud stellte die Verformung des Erlebens bei seinen Patienten fest und entwickelte die Assoziationsmethode, um die hintergründigen Werthaltungen und Weltbilder des Patienten auszuloten und sich selbst zugänglich zu machen. Aus der gedanklichen Struktur des subjektiven Weltbildes des Patienten, ergibt sich ein Verständnis seiner Reaktions- und Verhaltensweisen. Beispielsweise ergibt sich aus einem Defizit ethischer Wertmaßstäbe, sozusagen ein subjektives Welterklärungsloch, aus welchem sodann Angst und Panik quillt bzw sich ein haltloses Fallen oder Schweben im luftleeren Raum ergibt.
Die subjektive Weltsicht, wodurch immer sie entstanden sein mag, erzeugt somit eine Basis soliden Lebensvertrauens beim einen, beim andern ein schwankendes Terrain weichen Untergrundes, in dem jederzeit Einbruch und Untergang droht.
Der Yoga stellt fest: Welt und Leben sind mayatische Täuschung, Spiegelung, Projektion subjektiver Immanenzen. „Habt ihr ein Problem, so beseitigt es aus euerem Kopf; es ist der einzige Ort, an dem es existiert“, so der Yoga. Seit dem Bekanntwerden der Upanishaden, ist der Satz Schopenhauers, von „Welt als Wille und Vorstellung“, zur Grundlage des Verstehens von Religion, Mensch und Seele geworden. Im subjektiven Erleben liegt der absolute Bezugspunkt des einzelnen zur Bewertung des Lebens hinsichtlich Glück und Leid. Freud nannte diesen Vorgang Projektion und untersuchte erstmals in der Neuzeit deren Ablaufmechanismen.
Im Unbewußten lagern genetische Kollektivstrukturen, die sich im Falle von Reifungsdefiziten (die Freud im Wesentlichen in der Kindheit vermutete), in die Lebensführung projezieren; d.h. der Patient sorgt unbewußt für eine Begegnung mit Situationen in seinem äußeren Leben, deren innere Bewältigung er (noch) nicht leistet. Dadurch kommt es zur Begegnung mit verdrängten Seelenanteilen, mit denen er sich nun verbindlich in der Außenwelt auseinandersetzen muß.
Das Problemkontingent des Lebens ist somit Spiegel und Spiegelung noch unreifer, defizitärer oder entwicklungsverzögerter Seelenanteile. „Wo Unbewußtes ist, muß Bewußtes hin“ (S.Freud), ist die Konsequenz, die Freud zog. Damit stimmt er mit kulturanthropologischen Traditionen überein (Yoga).
Allerdings wurde im Verlaufe weiterer Forschung festgestellt, daß der (psychopathologische) Ansatz Freuds zu schmal ist. Es wird gelehrt: alles ist Spiegelung. Auch die schönen Seiten des Lebens. C.G.Jung legt dar, daß das ganze Leben Symbol ist. Selbst wo wir leben und wie wir leben, alles ist spiegelgleicher Ausdruck unseres gesamtseelischen Seins. Leben wir in einer schönen Umgebung, so ist dies ein Teilausdruck unseres seelischen Schön-Seins; leben wir andererseits in einer lauten, luftverpesteten Umgebung, so ist dies ein Ausdruck unseres seelischen Verdorben-Seins und sollte uns zu denken geben. Dieser Gedanke war/ ist für die klassische Psychoanalyse fremd, da sie sich in Freud nicht vom medizinischen Pathologiedenken lösen konnte. Die weiteren Jahrzehnte psychotherapeutischer Forschung, erwießen den Gedanken der Totalprojektion, auf dem Hintergrung der coniunctio oppositorum, für die Verbesserung der Problemlösungskompetenz des Patienten, als äußerst hilfreich. Kann der Patient zur Erkenntnis totaler Subjektivität seines Erlebens geführt werden, wird die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme bzgl. seines ganzen Lebens wachsen. Damit gelangt er aus der Hilflosigkeit zur Selbstständigkeit.
Die Würdigung der Religionsphilosopheme, welcher Art sie auch sein mögen, erweist sich als breit gefächerte Darlegung des Gedankens der Projektion. Der Mensch wird aufgefordert, sich seinen Problemen ehrlich zu stellen, damit er deren Auflösung erfahre und dieselben nicht im Keller vegetativer Unbewußtheit ein unkontrolliertes Symptomkaleidoskop erzeugen, wodurch er hilflos von Arzt zu Arzt treibt, ohne wirkliche Besserung. Der Mensch muß lernen, aus seinem Spiegellabyrinth heraus zu finden, indem er erkennt, daß er selbst es ist, was immer ihm begegnet.

Projektion ist eine Nachaußenverlagerung unreifer, verdrängter oder retardierter Seelenteile, die im Wechselspiel von Schicksal, Symptom und ´Zufall` auf ihn zukommen. Projektion ist ein Hilfsmechanismus persönlicher Evolution/ Reifung, zum Zweck der Korrektur allzu krasser Abweichungen vom rechten Lebenspfade und somit eine höhere Gnade göttlicher Führung und Fügung. In der Akzeptanz des Problems und der Reflexion desselben auf evolutiv-finale Zweckziel-Momente, bahnt sich Lösung und Erlösung von Leid und Sackgasse an. Dies sind die Lehren der Heiligen und Weisen in der Sprache der Moderne als Psychologie, d.h. Seelenheilkunde.
Man überlege, wo projiziere ich; wo weise ich Schuld anderen Menschen, schlechten Umständen, dem Schicksal usw zu? Die sog. Rücknahme der Projektion setzt dann ein, wenn weitergeschritten wird zu dem Gedanken:
Was will mich die Unbill lehren?
An was werde ich gehindert?
Wozu werde ich genötigt?
Dies sind die Fragen, die gestellt werden müssen, die aus dem Dunkel ans Licht führen. Zweifelsohne wird Antwort bzw Antworten nicht umgehend aufscheinen (obwohl dies möglich ist); muß doch erst die innere Barriere, die immer vorhanden ist, abgebaut werden. Man stelle die Fragen in Meditation, anhaltend, in demütiger Haltung und bitte die höhere Weisheit, die in jedem Menschen präsent ist, um Hilfe.
Vernetzung – ‚pars pro toto‘:
auch zu diesem Vortrag hier die Version in Schriftform:
Jetzt wollen wir uns einem Prinzip zuwenden, das in der neueren Physik besondere Beachtung findet, dem Gesetz des Zusammenhanges aller Dinge und dem Nichtzufall. Bereits in der griechischen Philosphie der Frühantike, befaßte sich Parmenides mit Fragen der Ontologie, die sich eine Vorstellung, von dem, was Sein und Kosmos ist, zu machen sucht.
Aus erkenntnistheoretischer Sicht, halten wir uns an den Satz der Yogasutren, der da lautet: „Bündige Rede hat Beweißkraft“. Der griechische Denker Parmenides legt dar, daß Sein ansich kontingent, also zusammenhängend, ist und infolgedessen Nichtsein nicht ist. „Da Sein ist, ist Nichtsein nicht“, so lautet die Ableitung. Die nähere Betrachtung dieses Gedankens leuchtet ein, denn, wenn Sein sozusagen Löcher hätte, wären diese schon wieder ein Etwas, somit nicht nichts.
Die Philosophie legt dar: bereits der Gedanke vom Nichts ist etwas und schließt damit eine Existenz von Nichtsein aus (Paradoxon). Wir können also davon ausgehen, daß es ein faktisches Nichts nicht gibt, eben, weil Sein ist. Sein ansich muß daher überall sein und so schließt Parmenides, daß Sein unendlich bzw unbegrenzt ist.
Dieser Schluß entspricht klassischen Geisteslehren der Menschheit, wenn wir für das umfassende Sein den Gottesbegriff setzen. Gott, das Sein wäre mithin allumfassend, unendlich, allpräsent usw. Gehen wir mit dem Parmenidischen Gedanken weiter. Parmenides sagt: Sein ist kontingent, d.h. es hat keine Lücken, weil eine Lücke wieder eine Entität, also ein Sein ist. Wenn Sein kontingent ist, dann hängt in der Tat alles, mit allem zusammen. Ein Impuls, eine Veränderung, eine irgendwie geartete Manipulation wirkt sich immer und notwendig auf ihr Umfeld aus und wird zur Wirkung, welche wiederum zur Ursache weiterer Auswirkung wird usw.
Die Geisteslehren der Kulturen ( smritis und shrutis des Vedanta, der europäische Mysterienweg und Apokryphik) erklären: Nichts ist ohne Grund und Ursache; alles ist gottgewollt; es gibt nichts, ohne seine Zulassung. Wir erfahren also: Zufall gibt es nicht. Unter Zufall wird etwas verstanden, dessen Voraussetzungen uns unbekannt bzw noch unbekannt sind. Sog. Zufall ist somit eine Form des Nichtwissens (Yogasutren). Dies leuchtet ein.
Unser Gedanke kann mit einer Laufmasche in einem Strumpf veranschaulicht werden. Die Laufmasche ist, in unserem Beispiel der Zufall. Er hebt die Strukturen des Gewebes des Strumpfes auf. Die Laufmasche läuft, angeblich zufällig durch den Strumpf und zerstört die Ordnung, die Gesetzhaftigkeit des Gewebes. Übertragen bedeutet das: bei Vorhandensein von Zufall würde sich der Kosmos in Gesetzlosigkeit auflösen. Dieser Gedanke erscheint selbst bei Annahme der Urknallhypothese der modernen Physik als unglaubwürdig, realisieren sich doch im sog. Urknall und danach höchst systematische Wirkkräfte, die zur Bildung hochkomplexer Strukturen führen, bis hin zum Leben mit Selbstbewußtheit.
Die Annahme der Bildung von Hochkomplexität per Zufall ist somit sehr unwahrscheinlich und nicht sinnvoll nachvollziehbar. Kosmos ( d.h. Ordnung) ist mehr vorstellbar als Resultat gesetzhaft-ordnenden Einflusses, welcher mit progressivem Druck Zielzustände anstrebt, die im matemathisch-stochastischem Sinne Zeiträume benötigen, die seit Verfließen der ca 14 Milliarden Jahre des Urknalls nicht hinreichen, um eine Aminosäure zu bilden. Dies wurde mathematisch ermittelt (mathematische Statistik, Fakultätsrechnung).
Interessant ist ferner, daß der mathematische und physikalische Versuch echte Zufallsereignisse zu erzeugen nicht gelingt. Im statistischen Mittel ergibt sich die bekannte Gaußsche Normalverteilungsfunktion. Eine Funktion jedoch ist eine mathematische Systematik, die von Zufall weit entfernt ist. Auch wenn das Individualereignis nicht definierbar, d.h. nicht direkt kausal bestimmbar ist, so gelingt doch eine wahrscheinlichkeitstheoretische Definition bzgl. der Masse von Ereignissen. In der Tat gelingt es nicht, weder physikalisch, noch mathematisch reinen, akausalen Zufall zu konstruieren. Die in Forschung und Industrie z.Zt. gebräuchlichen Zufallsgeneratoren sind gewöhnlich für die Praxis zwar ausreichend, jedoch nicht wirkliche Akausalprozessoren. Bisher gelang es nicht mittels Systemmaschinen systemfreie Resultate zu kreieren. Damit sind wir wieder bei Parmenides und klassischen Geisteslehren der Kulturen, die da feststellen: alles hat einen wohlweisen Grund, eine Ursache für sein erscheinen.
Beispiel: Gängige Naturwissenschaftsaussage:
Dieser Kartengruß ensteht auch zufällig von alleine, wenn wir lange genug warten (würden).

Fassen wir zusammen:
Das Gesetz des pars-pro-toto besagt: ein Teil steht für alles und hängt mit allem zusammen; der Yoga stellt fest: kennst du ein Sandkörnchen ganz, so kennst du alles.
Die moderne Physik hat in Anlehnung an solche Weisheitslehren, die holographische Hypotese konstatiert, die behauptet, daß in jedem Raumpunkt des Kosmos, jeweils alle Information des ganzen Kosmos zu finden sei. Dies entspricht dem erwähnten Yogaaphorismus vom Sandkorn.
Für die Tiefenpsychologie ist der Satz vom pars-pro-toto von großer Bedeutung. Wir erklären: Nichts ist Zufall im Leben; alles hat irgendeine sinnvolle (evolutive/ reifungsmäßige) Bedeutung. Die Aufgabe des Psychotherapeuten besteht nun u.a. darin, den Klienten auf die tiefe Sinnhaftigkeit alles, seines Erlebens und Lebens aufmerksam zu machen und zu überlegen, was der persönlich-positive Sinn sein könnte. Sobald diese Wurzel gefunden wird, entsteht im Patienten ein shift, ein Effekt der Erleichterung und er schreitet konstruktiv auf dem Lebenswege weiter.
Man überlege also, was an sog. widrigen Zufällen das Leben scheinbar beschwert und was diese an positiven Botschaften beinhalten könnten.
Abschließend sei noch eine Bemerkungen zum Unterschied von Psychotherapie und Psychiatrie gemacht, weil hierzu in der Regel wenig Klarheit besteht. Psychiatrie im klassischen Sinne besteht in einer Hospitalisierung bzw Krankenhauseinweisung von Menschen, die nicht in der Lage sind, ihr Leben in eigener Verantwortung zu führen. Sie sind in irgendeiner Hinsicht, geistig oder körperlich hilflos und bedürfen, ständig oder vorübergehend direkter Betreuung.
Psychotherapie im modernen Sinne ist ein Methodenkomplex der Selbstreflexion, für Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, mehr Bewußtheit bzgl. ihrer Lebensführung anstreben und Anleitung zur Selbsthilfe suchen. Im Unterschied zum Psychiatriepatienten, muß der Psychotherapieklient voll über seine Geisteskräfte verfügen. Ist dies nicht der Fall, ist er nicht geeignet für Psychotherapiemethoden. Für Menschen, die unter psychischer oder auch besonderer körperlicher Belastung stehen, aus welchen Gründen auch immer, ist die Fähigkeit zur Metakommunikation, d.i. Selbstreflexion unerläßlich, wenn Psychotherapie sinnvoll sein soll. Der Psychotherapieklient bzw -patient muß in der Lage sein, sein Leben in eigener Verantwortung zu gestalten. Metakommunikation ist dazu erforderlich.
Metakommunikation ist die Fähigkeit, eigenes Verhalten, Denken und Sprechen zu beobachten und auf dem Wege der Reflexion/ Überlegung, Konsequenzen zu ziehen. Dies ist Eigenverantwortung. Dieser Vorgang ist beim Geisteskranken, dem klassischen Psychiatriepatienten nicht vs nicht mehr möglich. Allerdings kann versucht werden, den psychiatrischen Fall in einen psychotherapeutischen Fall, durch Förderung und Hilfe jeder Art zu wandeln. Eine solche Grenzüberschreitung von totaler Hilflosigkeit und Bedürftigkeit, zu Wachstum von Eigenverantwortung, Selbsthilfe und Autonomie, sollte versucht werden, wenn die Prognostik nicht völlig infaust ist. In einer Minderzahl von Psychiatriepatienten gelingt ein solcher Übergang.
Ferner sei erwähnt, daß Psychiatriefälle auch dadurch entstehen, daß der Patient Sonderbegabungen (z.B. als Künstler) hat, die er nicht in den gesellschaftlichen Kontext einbringen kann. Gelingt es einem Menschen nicht, seine Anlagen und Potentiale zum Nutzen seines sozialen Umfeldes zu entfalten, besteht die Gefahr, daß er, wie man sagt verrückt wird und zum psychiatrischen Fall herunterkommt. Eine Förderung solcher Sonderbegabungen führt, wenn sie nicht zu spät einsetzt, dann zur Auflösung der Psychiatrieauffälligkeit.
Wenn der Mensch die Möglichkeit hat, seine Anlagen zur Entfaltung zu bringen, entwickelt er Autonomie und Persönlichkeit und ist fähig, Verantwortung im Leben zu übernehmen.
Das Phänomen Psychiatrie ist eine Massenerscheinung der Moderne und die psychiatrischen Kliniken sind, oft im Gegensatz zur Unterbelegung gewöhnlicher Krankenhäuser, überbelegt. Besonders der alternde Mensch wird fast routinemäßig zum festen Mitglied psychiatrischer Institutionen mannigfaltiger Art: das sind Tageskliniken, Pflegeheime, Teilambulanzen u.a. Aus kulturanthropologischer und tiefenpsychologischer Sicht kommt hier ein gesellschaftliches Defizit zum Vorschein. Die industrielle Gesellschaft konzentriert die Lebenseinstellung auf überwiegend materielle Ziele, die mittels Konsumverhalten erreicht zu werden suchen. Dadurch entsteht ein Entwicklungsdefizit im psychoanatomischen Sinne, d.h. bestimmte Seelenkräfte (Archetypi) können nicht zur Entfaltung gelangen und erzeugen im Verlaufe der Zeit pathologische Momente. Dazu gehört der Vergeistigungsarchetypus und da der Mensch letzlich ein geistiges Wesen ist mit einer transzendentalethischen Seinsbestimmung, wird er im materialistischen Lebensvollzug nach und nach verrückt. Er verliert seine Lebensberechtigung und landet in Wahnsinn, Drogenkonsum, Medikamentenrausch, Alkoholismus, Neurosen, Psychosen und Angst. Dies ist der statistische Status des modernen Menschen; er schwebt psychisch in labiler Existenzgestaltung. Er ist latent neurotisch, d.h. psychisch, geistig und körperlich instabil.
Um dem Schicksal einer Psychiatrisierung zu entkommen, muß gelernt werden, den Vergeistigungsarchetypus zu beleben und ihn nicht brach liegen zu lassen. Die Transzendentalbezogenheit ist eine archetypische Anlage der menschlichen Psyche und kann nicht durch ein oberflächliches Konsumleben befriedigt werden. Da die Gesellschaft der Moderne dem oberflächlichen Lust- und Vergnügensprinzip nahezu philosophische Bedeutung beimißt, muß sie ihre Irrung mit einem Irrewerden eines Großteiles ihrer Mitglieder bezahlen und schließlich in Dekadenz untergehen, wenn sie sich nicht ändert.
Die Person/ dP bedenke:
>Der Satz vom blöden Zufall und der Ungerechtigkeit des Lebens: Nehme ich eine solche Einstellung gelegentlich oder öfter in Anspruch?
>Man überlege, ob man dazu neigt, für bestimmte schwierige Lebensumstände einfach Pech und Zufall verantwortlich zu machen und sich auf diese Weise aus der Verantwortung zu ziehen.
>Bin ich bereit zu akzeptieren, daß alles, was mir im Leben begegnet, irgendwie mit mir selbst und meinem eigenen Denken und Handeln zu tun hat und mich auf bestimmte Notwenigkeiten bei mir selbst aufmerksam machen will und daher keineswegs zufällig ist?
>Ich selbst bin für mein Leben verantwortlich. Alles hat seine tieferen Hintergründe, die mich auf etwas aufmerksam bei mir selbst machen wollen, was bei mir selbst nicht in Ordnung ist? Kann ich das akzeptieren?
Natürlich ist es nicht möglich, alle zur Verfügung stehenden Audios an dieser Stelle zu veröffentlichen. Deshalb auch hier unser Angebot, bei Interesse (vor allem auch an besonderen Themen) sich bei uns zu melden.